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Kunst in Quarantäne 2.0

Johann Christian von Mannlich (1741-1822)

Zwei Mauerläufer, 1791
Gouache auf Papier, montiert auf Karton mit aufgezeichnetem Rahmen
Alte Sammlung

 

Johann Christian von Mannlich, Sohn des Pfalz-Zweibrücker Hofmalers Konrad Mannlich, war ein Wegbereiter des Klassizismus in Südwestdeutschland und München. Von Mannlich hatte seine Ausbildung an der Mannheimer Akademie 1765 unter Pater Anton Verschaffelt abgelegt und machte in den Jahren zwischen 1761 und 1765 mehrere Parisreisen. Von 1765 bis 1766 war er Schüler von François Boucher, 1766 bis 1771 studierte er an der Académie française à Rome, wo er sich mit der Architektur der römischen Antike und dem Werk Palladios auseinandersetzte.

In den Jahren 1771 bis 1795 war er Hofmaler in Pfalz-Zweibrücken, 1767 wurde er Generalbaudirektor.

1778 erwarb der Herzog Karl II. August zu Pfalz-Zweibrücken - gegen eine Leibrente - die Gemäldesammlung von Mannlich. Im Jahre 1793 rettete dieser die Kunstsammlung, Bibliothek und Teile der kostbaren Inneneinrichtung von Schloss Karlsberg bei Homburg, das von dem französischen Revolutionsheer kurz danach zerstört wurde, und floh damit nach München, wo er Galeriedirektor werden sollte. Die Kunstsammlung stellt heute einen Grundstock der Alten Pinakothek dar.

In seinen Memoiren schreibt von Mannlich: "Ich stand also in aller Frühe auf [...] malte sie [= die Vögel], bevor ich mich zum Hof begab und bediente mich der Entwürfe, die ich nach den lebendigen Wesen gemacht hatte. [...]"

Von Mannlich betont an dieser Stelle, die Vögel nach der Natur gemalt zu haben. Die Naturbeobachtung, die das Ziel hat, charakteristische Eigenschaften in die Tierabbildung einfließen zu lassen, war nicht selbstverständlich, da es noch bis in das 18. Jahrhundert hinein durchaus üblich war, auf tote Vögel zurückzugreifen.

Auch die Vögel, die aus naturwissenschaftlichem Interesse wiedergegeben wurden, sind in eine landschaftliche Szenerie eingebettet worden; dies darf als ausgesprochen fortschrittlich gewertet werden, da kolorierte Darstellungen von Vögeln üblicherweise vor einem schwarz-weißen Hintergrund wiedergegeben wurden. Von Mannlich bildet eine der wenigen Ausnahmen, in dem er die Tiere in ihrem wirklichen Landschaftsraum wiedergibt, wobei er immer darauf bedacht ist, den Vogel in den Mittelpunkt zu stellen.

Die Gouache "Zwei Mauerläufer" wurde 1959 aus dem Kunsthandel erworben und ergänzte damit die bereits 1952 erfolgte Erwerbung der Gouache "Amsel" (ebenfalls 1791 von Mannlich gefertigt).

(Dr. Stefan Heinlein, in: Der Zauber der Landschaft, 2011)

 

Begleitende Lyrik

Georg Heym (1887-1912)

 

Georg Heym zählt neben Jakob van Hoddis zu den bedeutenden Dichtern des Expressionismus. Sein erster Gedichtband "Der ewige Tag" erschien 1911 im Rowohlt-Verlag in Leipzig.

Zu dieser Zeit wird er auch Mitglied im expressionistischen "Neuen Club" in Berlin und trägt bei der Veranstaltungsreihe "Neopathetisches Cabaret" seine Gedichte vor.

Georg Heym ertrinkt im Januar 1912 beim Schlittschuhlaufen als er vergeblich versuchte seinen ins Eis eingebrochenen Freund zu retten.

Postum geben seine Freunde aus dem "Neuen Club" den Gedichtband "Umbra vitae" heraus, darin finden sich auch die Gedichte "Der Krieg" und "Der Gott der Stadt", die zu seinen bekanntesten Gedichten gehören.

12 Jahre später illustriert Ernst Ludwig Kirchner diese Gedichtsammlung, die 1924 im Kurt Wolff Verlag erscheint und als Musterbeispiel expressionistischer Buchkunst gilt.

Das Gedicht "Die Vögel" ist dem postum herausgegebenen Band "Umbra vitae" entnommen.

 

Die Vögel

Wie trübe Morgen langsamer Tage

Über den Seen und Sümpfen voll Klage

Über dem schillernden Schilf ruht die Nacht

Regen [beginnt]. In den Bäumen erwacht
 

Ein Geschrei. Und huschen die Hunde

Rund um die Mauern mit heiserem Munde.

Aber die Türme steigen von Bergen, bleichen,

Hockend stumm um die verschrumpften Teiche.
 

Eine Fackel brennt auf. Und die Vögel der Öden

Hoch herauf zu Himmels-Böden

Schwer flattern von den kahlen Horsten

Riesiger Bäume mit großen Schwingen zerborsten,
 

Langsam mit ihren gewaltigen Händen

Fassend die Nacht an den dunkelnden Enden

Drohend wie Schatten und böse Gedanken,

Die in brechenden Wolken schwanken.
 

Plötzlich stürmet vorbei an dem Mond ein Geschwirre.

Und er schreit wie ein Kind vor der Federn Geklirre.

Schlagend den Flügel, nisten sie über ihm,

Und krähen ein Lied aus den Schnäbeln so grün. 

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