Vorlesen

Fortuna aus dem Wareswald

römisch, 2./3. Jh. n. Chr.
Sandstein
Museum für Vor- und Frühgeschichte Saarbrücken (Dauerleihgabe des Landesdenkmalamtes)

 

An der Kreuzung wichtiger Römer-Fernstraßen zwischen Metz, Mainz, Straßburg und Trier entstand am Fuße des Schaumbergs vor 2000 Jahren ein römisches Dorf: der Vicus Wareswald. Händler und Reisende benötigten Unterkunft, Verpflegung und Güter des täglichen Bedarfs, sodass an diesem wichtigen Verkehrsknoten eine Dienstleistungs-Infrastruktur entstand. Florierende Wirtschaft ließ die Siedlung auf mehrere Hektar Fläche anwachsen für Handel, Handwerk und einen Kultbezirk. Um 400 n. Chr. wurde das Dorf aufgegeben und verlassen und seitdem nicht mehr besiedelt.

Vage sind Fundorte antiker Siedlungen durch historische Überlieferung bekannt – beim Wareswald aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert. Seit 2001 werden in Tholey-Wareswald (Landkreis St. Wendel) kontinuierlich systematische Forschungsgrabungen durchgeführt, bei denen bislang Areale wie das Händlerviertel, ein Pfeilergrabmal und ein Kultbezirk mit Tempel frei gelegt wurden. Große Teile des Siedlungsgebietes schlummern jedoch noch unter der Erde. Die Rodung eines Waldstücks gab 2019 die Gelegenheit, in einem bislang noch nicht untersuchten Areal archäologische Sondagen (kleine Probegrabungen) durchzuführen. Wie vermutet fanden sich gleich in den ersten Suchschnitten die Reste eines römerzeitlichen Gebäudes. Es war wohl vollständig unterkellert und hatte Räume mit Fußbodenheizung. Die ersten, vorläufigen Grabungsergebnisse lassen außerdem davor einen angelegten Park oder Garten vermuten. Bislang wurde nur ein Teil des Gebäudes freigelegt. Es ist wahrscheinlich noch deutlich größer als der momentan sichtbare Befund und wird noch mehrere Grabungskampagnen benötigen. Im Gebäude fanden sich Keramikscherben von Feingeschirr und Amphoren, sowie einige Gefäße aus Glas, die wertvolle Hinweise für die Datierung der Fundstätte geben. In diesem Fall deuten sie auf eine Nutzung des Gebäudes im 2. und 3. Jh. n. Chr. hin.

Der Sensationsfund war eine 40 cm hohe Skulptur aus Sandstein, die in die Verfüllung des Kellers geraten war. Schon unmittelbar nach der Bergung und obwohl noch mit Erdresten bedeckt war die besondere meisterliche Steinmetzarbeit zu erkennen. Die Statue zeigt eine Frauenfigur in faltenreichem Gewand. Im Arm hält sie ein Füllhorn mit Früchten. Auf der anderen Seite neben ihrem Fuß ist das Steuerruder eines Schiffes zu sehen. Diese beiden Attribute weisen die Statue auch ohne Inschrift als Fortuna aus, die römische Göttin des Glücks und des Schicksals. Das Füllhorn steht für Überfluss und Fruchtbarkeit, mit dem Ruder lenkt sie das Schicksal der Menschen. Die hohe künstlerische Qualität der Figur lässt mutmaßen über eine repräsentative Aufstellung im öffentlichen Raum oder in einem Haus der reicheren Oberschicht. Ein zugehöriger Kopf ist leider bislang noch nicht gefunden worden. In der Armbeuge waren noch winzige Reste einer farbigen Fassung zu finden, daher ist ursprünglich eine farbige Bemalung der Statue anzunehmen. Die Rückseite der Statue zeigt eine rote Verfärbung. Hierbei handelt es sich nicht um eine natürliche Färbung des Gesteins, sondern um eine Farbveränderung aufgrund von großer Hitzeeinwirkung. Wurde die Fortuna aus dem Wareswald Opfer eines Hausbrandes und stürzte bei der Zerstörung des Hauses in den Keller, wo sie 1800 Jahre liegen blieb bis zu ihrer Wiederentdeckung?

Vielleicht bringen zukünftige Grabungen an diesem Gebäude die Antwort.

(Thomas Martin, Sammlungsleiter, Museum für Vor- und Frühgeschichte)

 

 

Begleitende Lyrik

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

In den Jahren 1801 bis 1802 lud Johann Wolfgang von Goethe in Weimar zu sog. „Mittwochskränzchen“ ein (nicht zu verwechseln mit der ab 1805 existierenden Mittwochsgesellschaft). Hier trafen sich alle vierzehn Tage, jeweils mittwochs nach dem Theater,  in Goethes Haus (sog. „Haus am Frauenplan“, Goethes Wohnhaus in Weimar von 1782 bis zu seinem Tod; heute Museum) sieben Paare als eine „literarisch-gesellige Vereinigung“. Die Zusammenkünfte fanden von Oktober 1801 bis März 1802 statt. Eingeladen waren die Ehepaare Schiller, von Wolzogen, von Egloffstein sowie die Gräfin Henriette von Egloffstein, ferner Louise von Göchhausen und Johann Heinrich Meyer.

Friedrich Schiller schrieb über diese Mittwochskränzchen an den Theologieprofessor (und Herausgeber der ersten Gesamtausgabe von Schillers Werken) Christian Gottfried Körner: „Goethe hat eine Anzahl harmonierender Freunde zu einem Klub oder Kränzchen vereinigt […] Auch soll dieser Anlaß allerlei lyrische Kleinigkeiten erzeugen, zu denen ich sonst bei meinen größeren Arbeiten niemals kommen würde“.

Goethe  schrieb für die Mittwochskränzchen u.a.  das „Stiftungslied“, das „Tischlied“ oder „Der Rattenfänger“, von Schiller sind u.a. „An die Freunde“ und „Die Gunst des Augenblicks“ als Beiträge zu den Mittwochstreffen nachgewiesen.

Für das Treffen des Mittwochskränzchens in der Silvesternacht 1801 schrieb Goethe das „Tischlied“, „Generalbeichte“, „Weltseele“ und das Gedicht „Zum neuen Jahr“.

 

 

Zum neuen Jahr

 

Zwischen dem Alten,

Zwischen dem Neuen

Hier uns zu freuen,

Schenkt uns das Glück,

Und das Vergangne

Heißt mit Vertrauen

Vorwärts zu schauen,

Schauen zurück.

 

Stunden der Plage,

Leider, sie scheiden

Treue von Leiden,

Liebe von Lust;

Bessere Tage

Sammlen uns wieder,

Heitere Lieder

Stärken die Brust.

 

Leiden und Freuden,

Jener verschwundnen,

Sind die Verbundnen

Fröhlich gedenk.

O des Geschickes

Seltsamer Windung!

Alte Verbindung,

Neues Geschenk!

 

Dankt es dem regen,

Wogenden Glücke,

Dankt dem Geschicke

Männiglich Gut;

Freut euch des Wechsels

Heiterer Triebe,

Offener Liebe,

Heimlicher Glut!

 

Andere schauen

Deckende Falten

Über dem Alten

Traurig und scheu:

Aber uns leuchtet

Freundliche Treue;

Sehet, das Neue

Findet uns neu.

 

So wie im Tanze

Bald sich verschwindet,

Wieder sich findet

Liebendes Paar:

So durch des Lebens

Wirrende Beugung

Führe die Neigung

Uns in das Jahr!

 

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