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Lavoirkanne mit Deckel

Ottweiler Porzellan, um 1763/65
Alte Sammlung

 

Die Ottweiler Porzellane der Frühzeit (1763-1768) – unter der Regentschaft des Fürsten Wilhelm Heinrich entstanden – zeichnen sich durch eine besonders reine, sahnigweiße Porzellanmasse aus, ein Merkmal, das sie von allen weiteren Exemplaren der Manufaktur deutlich absetzt. Verantwortlich dafür ist die Verwendung der kostspieligen Passauer Erde, die wie andernorts auch die gute Grundsubstanz gewährleistet hat.

Aus dieser ersten Betriebszeit kennen wir bis heute nur wenige Porzellane, so dass unzureichende Aussagen über die Produktion gemacht werden können. Dennoch wurde während dieser Zeit ein auffallend schönes und künstlerisch wertvolles Porzellan in Ottweiler erzeugt, dass sich mit demjenigen anderer deutscher Manufakturen durchaus messen kann.

Die Quantität verwendbaren Porzellans wird in dieser Zeit relativ bescheiden gewesen sein, da die Produktion zunächst mit den üblichen Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen hatte, die Brennversuche mit heimischer Steinkohle vielfach experimentell verliefen und die Erprobung mit den technischen Produktionsabläufen inklusive des Brennens selbst von erheblichen Rückschlägen begleitet waren.

Trotz alledem bestechen die Porzellane der Ottweiler Frühzeit in Form und Dekor.

Die Malereien, beispielsweise die der Lavoirkanne (Abbildung), sind überaus differenziert und farblich fein nuanciert sowie in reicher Goldstaffierung ausgeführt.

Die formal von französischen Silbergefäßen beeinflusste Lavoirkanne (sowie eine geschweifte Platte mit Camieu-Malerei; ebenfalls im Besitz der Alten Sammlung) dürfen wohl als einzige bisher gesicherte, von Pellevé signierte [Ritzzeichen „DP“] und von ihm auch angefertigte Stücke in Ottweiler angesehen werden.

Dominique Pellevé, ein aus Rouen gebürtiger „fabriquant de Porcellaine“ wurde am 29. Dezember 1763 als Leiter der geplanten Porzellanherstellung von Fürst Wilhelm Heinrich dienstverpflichtet.[…] Im September 1767 jedoch verließ Dominique Pellevé die Ottweiler Manufaktur fluchtartig. […]

Die in der Alten Sammlung befindliche „Lavoirkanne mit Deckel“ wurde 1961 bei Sotheby’s in London ersteigert und hat neben der bereits erwähnten Ritzzeichnung „DP“ auch eine Bodenmarke „NS:“ (Aufglasur Purpur). Die knapp 20 cm hohe Kanne steht auf passig-geschweiftem, profilierten Fuß mit bauchigem, sich zum Hals verjüngenden Körper und wellenartig geschwungenem Mündungsrand. Der Ohrhenkel, aus drei Rocaillen gebildet, ist mit Muscheln besetzt. Der ebenfalls mit einer Muschel besetzte Deckel ist wellenartig-geschwungen. Die Kanne ist prachtvoll mit schattierten deutschen Blumen in Girlanden und Streublumen in Grün, Blau, Gelb, Manganviolett, Purpur und Eisenrot bemalt. Zudem sind Bauch, Henkel und Deckel überaus reich mit Goldstaffierung versehen.

(nach Elisabeth Kessler-Slotta, in: Ottweiler Porzellan, 2000)

 

 

Begleitende Lyrik

Achim von Arnim (1781-1831)

Achim von Arnim, der zusammen mit Joseph von Eichendorff und Clemens Brentano zu den bedeutenden Vertretern der sog. Heidelberger Romantik zählt, hat neben der Herausgabe der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“ (zusammen mit Clemens Brentano) auch zahlreiche Erzählungen, Dramen und einige Romane geschrieben.

Sein 1810 publizierter Roman „Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores“ hat wie kein anderes seiner Werke bereits seine Zeitgenossen zu ganz unterschiedlichen Beurteilungen veranlasst: Goethe schrieb von „Narrenwust“, Clemens Brentano meinte ihm sei beim Lesen als hätte er „viel zu süßen Kuchen“ gegessen, Jean Paul hingegen fand lobende Worte.

Wie in der Romantik üblich, ist der Roman mit zahlreichen Gedichten und Liedern ausgeschmückt. In der 4. Abteilung, im „Funfzehnten Kapitel“ findet sich das Gedicht „Alle die Blumen sind ohne Harm…“.

 

Alle die Blumen sind ohne Harm...

Alle die Blumen sind ohne Harm.

Nur die rote Rose nicht,

Sie sticht!

Sticht, wie die liebe Sonne so warm,

Mai ist ohne die Rose nur arm,

Mai ist ohne die Rose nur Qual –

Ihr stillen Gründe, du einsam Tal.

 

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