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Georg Kolbe (1877-1947)

Bildnisbüste Max Slevogt, 1926
Bronze (auf Marmorsockel)
Moderne Galerie

 

Der 1877 in Waldheim/Sachsen geborene Bildhauer Georg Kolbe ist heute vielfach in Vergessenheit geraten. Dabei zählte er in den 20er und 30er Jahren zu den bekanntesten und erfolgreichsten Bildhauern in Deutschland.

Nach dem Besuch der Kunstgewerbeschule in Dresden und der Kunstakademie in München wo er zum Maler ausgebildet wurde, ging er 1897 für ein Semester an die Académie Julian nach Paris, um hernach bis 1901 in Rom zu leben, wo er autodidaktisch als Bildhauer begann.

Von 1904 bis zu seinem Tod im Jahr 1947 lebte Kolbe in Berlin. Hier erschuf er im Jahr 1911/12 auch die „Tänzerin“, eine Aktfigur, die in tänzerischer Bewegung ergriffen ist. Mit dem Ankauf dieser Bronzeplastik durch die Berliner Nationalgalerie im Jahr 1912 wurde Kolbe einem größeren Publikum bekannt.

Wenngleich Kolbe nie Mitglied in der NSDAP war, so wurde ihm – insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg – der von ihm im August 1934 unterzeichnete „Aufruf der Kulturschaffenden“ angekreidet, und seine Person und Kunst in die Nähe der Nationalsozialisten gerückt. Der „Aufruf der Kulturschaffenden“, unterzeichnet von 37 Personen aus der Kunst- und Kulturszene (neben Kolbe unterzeichneten z.B. auch Emil Nolde, Erich Heckel, Richard Strauss oder Wilhelm Furtwängler) war ein von Joseph Goebbels am 18. August 1934 im „Völkischen Beobachter“ veröffentlichtes Manifest, das - nach dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 2. August 1934 - die Übernahme der Ämter als Reichspräsident und Reichskanzler in Personalunion von Adolf Hitler propagierte, um damit die am folgenden Tag stattfindende Volksbefragung zu beeinflussen.

Überdies hatte Kolbe 1939 auch eine Portraitbüste des spanischen Diktators Franco geschaffen, die Adolf Hitler im gleichen Jahr als Geburtstagsgeschenk einer deutsch-spanischen Wirtschaftsorganisation überreicht wurde.

Bereits im Jahr 1927 hatte der Kunsthistoriker Carl Georg Heise (von 1945 bis 1955 auch Direktor der Hamburger Kunsthalle) in einer amerikanischen Zeitschrift geschrieben, dass die Frage wer der größte deutsche Maler sei, mit „viele hundert verschiedene“ zu beantworten sei. Zur Frage wer der größte deutsche Bildhauer sei, gäbe es nur eine Antwort: Georg Kolbe.

Ein Jahr zuvor hatte Kolbe eine Portraitbüste des impressionistischen Malers Max Slevogt geschaffen. Die 40cm hohe Bronze, die auf einem Marmorsockel verankert ist, gelangte 1980 mit Eingliederung der Sammlung Kohl-Weigand in die Bestände der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz.

Weitere Abgüsse befinden sich im Museum August Kestner Hannover und in der Nationalgalerie in Berlin.

Während Kolbe in den 10er Jahren noch auf teils kubische Formen und vor allem glatte Oberflächen fokussiert war, zeigt seine in den 20er Jahren auf Naturstudien begründete Formensprache auch eine veränderte – und wie bei der Portraitbüste ersichtliche - zerklüftete Oberflächenbeschaffenheit.

Georg Kolbe starb 1947 in Berlin.

(Dr. Elke Schwarz, Fördergesellschaft)

 

 

Begleitende Lyrik

Richard Dehmel (1863-1920)

 

Richard Dehmel (1863 in Brandenburg geboren, 1920 in Blankenese gestorben) veröffentlichte seinen ersten Gedichtband „Erlösungen. Eine Seelenwanderung in Gedichten und Sprüchen“ im Jahr 1891. Zu dieser Zeit war der in Leipzig über „Versicherungsfragen“ promovierte Dehmel noch beim Verband der Privaten Deutschen Versicherungsgesellschaften in Berlin angestellt und nur in seiner Freizeit als Schriftsteller aktiv. Seine zeitgleich begonnene Freundschaft mit Detlev von Liliencron (dessen literarischen Nachlass er ab 1909 herausgeben wird) eröffnet ihm den literarischen Impressionismus.

Im Jahr 1894 ist Dehmel Mitbegründer der Kunstzeitschrift PAN und ab dem darauffolgenden Jahr ist er als freier Schriftsteller tätig. Bereits ein Jahr später erregt sein Lyrikband „Weib und Welt“ großes Aufsehen, insbesondere sein darin enthaltenes Gedicht „Venus Consolatrix“, wofür er wegen „Verletzung religiöser und sittlicher Gefühle“ verurteilt wird.

Er wird damit einer der populärsten Lyriker seiner Zeit, Komponistinnen und Komponisten wie Alma Mahler-Werfel, Richard Strauss oder Jean Sibelius vertonen seine Gedichte. Eine der bekanntesten Kompositionen nach Dehmel stammt von Arnold Schönberg, der aus Dehmels Skandalband „Weib und Welt“ das Gedicht „Verklärte Nacht“ als programmatische Vorlage für sein 1899 komponiertes Streichsextett gleichen Namens verwendet. (Auch Schönbergs Komposition, die 1902 in Wien uraufgeführt wurde, zog einen Skandal nach sich, der sich sowohl auf die „ungewohnte Tonsprache“ als auch auf die Gedichtvorlage bezog).

Seinen größten literarischen Erfolg erzielte Dehmel im Jahr 1903 mit seinem Roman „Zwei Menschen. Roman in Romanzen“. Zwei Jahre zuvor hatte er in zweiter Ehe Ida Auerbach geheiratet und das Paar war nach Blankenese gezogen. Von ihrem Domizil aus pflegten sie Kontakte zu Peter Behrens, Harry Graf Kessler und Henry van de Velde.

Das Gedicht „Ausgleichungen“ entstammt seinem ersten 1891 veröffentlichten Gedichtband „Erlösungen“.

 

 

Ausgleichungen

 

Ob du Schönes erschaffst, ob lieber Wirkliches nachformst:

wenn das Schöne nur echt, wenn nur das Wirkliche wahr!

Freilich, das Schöne ist echt allein durch die Wahrheit des Wesens,

aber das Wirkliche schon wahr durch die Echtheit des Scheins.

 

Schwer, den gärenden Geist der Zeit ans Licht zu beschwören;

schwerer den klärenden Geist, weil er verborgener wirkt.

Aber wir fühlen, er wirkt! Ihn schaun war immer des Lebens

höchste Sehnsucht und Lust, höchste daher auch der Kunst.

 

Jede Gewöhnung, sogar die Verstellung, wird Eigenschaft schließlich;

Schwermut, stelle dich leicht, bis du zum Gleichmut gedeihst!

 

 

 

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