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Zwei Rörken

Silber, um 1620
Alte Sammlung

 

Humpen und Hansekannen erfüllten den Zweck gewürzten Wein und Bier vor dem Abkühlen zu schützen. Zwei schlanke und hohe Hansekannen sind in seltener Qualität als Paar in der Sammlung Sicks vertreten, die im Jahr 1980 – 170  Silberschmiedearbeiten umfassend – als Schenkung in den Bestand der Alten Sammlung gelangte.

Der mehr als doppelt so hohe wie breite elegante Zylinder ruht auf einem breit ausladenden Standring mit zwei reich reliefierten Wülsten, an seinem unteren Ende von einem gedrehten Tau mit Engelskopf-Applik umschlungen, der Deckel gleichfalls aus gedrehtem Tau, aus ausladendem Wulst und abgeflachter Kalotte mit Knauf bestehend. Der Henkel mit plastischem Figurensaum endigt in drei Knospen und den für Hansekannen typischen Spiralrollen. In den Rücken des Henkels sind jeweils Frau mit Kind, Stehende mit Schwert und eine stehende Frauengestalt graviert. Den schlichten Gefäßkörper zieren nur an seinem unteren und oberen Rand zarte Grotesken-Ornamente. Diese um 1620 in Hamburg entstandenen Kannen tragen als Meisterzeichen eine Muschel.

Diese Hansekannen, „Rörken“, um 1600 in Mode, sind, wie ihr Name sagt, besonders für Hansestädte typisch, wo sie als Zeichen bürgerlichen Wohlstandes die Zunftstuben und Ratsschätze zierten. Das plastische Ornament setzt sich effektvoll gegen den weitgehend glatt belassenen Corpus ab.

(Barbara Purbs, in: Die Alte Sammlung, Saarland Museum, 1995)

 

Begleitende Lyrik

Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)

Gotthold Ephraim Lessing, 1729 in Kamenz in der Oberlausitz/Königreich Sachsen geboren und 1781 in Braunschweig gestorben, gilt als führender Vertreter der deutschen Aufklärung. Bekannt ist er vor allem für das erste bürgerliche Trauerspiel der neueren deutschen Literatur „Miss Sara Sampson“ (1755) und sein Lustspiel „Minna von Barnhelm“ (1767). Mit seinen Dramen „Emilia Galotti“ (1772) und „Nathan der Weise“ (1779) setzte sich Lessing über die tradierte Regelpoetik eines J.C. Gottsched hinweg. Bei seinen Dramen und ihrer Bühnentauglichkeit orientierte er sich an Denis Diderots Theaterreform und die propagierte Abschaffung der Ständeklausel oder die nicht länger postulierte Heldenhaftigkeit der dramatischen Personen.

In seinen theoretischen und kritischen Schriften wurde er als Vordenker für ein neues Selbstbewusstsein des Bürgertums gefeiert. Der Begriff der „Freiheit“, der von Lessing sowohl für literarische als auch religiöse Fragen von Bedeutung war und diskutiert wurde, bestimmte letztlich sein ganzes literarisches und philosophisches Schaffen.

1751 veröffentlichte Lessing unter dem Titel „Kleinigkeiten“ und 1753 erneut mit kleinen Veränderungen in dem Band „Schriften“ eine Sammlung von „Liedern“, dazu zählt auch das Gedicht „Der trunkne Dichter lobt den Wein“.

 

Der trunkne Dichter lobt den Wein

Mit Ehren, Wein, von dir bemeistert,

Und deinem flüss'gen Feu'r begeistert,

Stimm ich zum Danke, wenn ich kann,

Ein dir geheiligt Loblied an.

 

Doch wie? in was für kühnen Weisen

Werd' ich, o Göttertrank, dich preisen?

Dein Ruhm, hör' ihn summarisch an,

Ist, dass ich ihn nicht singen kann.

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