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The Family of man

Tagesfahrt nach Luxembourg

6. Mai 2023

 

Unsere Tagesfahrt am Samstag, dem 6. Mai führte uns nach Luxembourg, zunächst ins CNA nach Dudelange und anschließend ins Schloss Clervaux.

 

Im Centre national de l'audiovisuel in Dudelange besuchten wir am Vormittag die Ausstellungseröffnungen von Jeff Weber, Mike Bourscheid und Vanessa Brown.

Im CNA begrüßte uns zunächst Anke Reitz, Direktorin der Ausstellung „Family of Man“ (Clervaux), die uns den ganzen Tag über begleitete.

Die Leiterin der fotografischen Sammlung des CNA, Michèle Walerich, informierte uns anschließend über die Aufgaben des CNA, das 1989 gegründet wurde. Es bewahrt das audiovisuelle Erbe Luxembourgs und ergänzt in temporären Ausstellungen – insbesondere mit Luxembourger Künstlerinnen und Künstlern – den nationalen Bildungsauftrag. Zum CNA gehören der Standort in Dudelange mit Wasserturm und Pumpenhaus sowie die Dauerausstellung „The Family of Man“ im Schloss Clervaux.

Anschließend eröffnete Frau Walerich die Ausstellung des Fotografen Jeff Weber mit dem Titel „Image Storage Containers“ im Ausstellungsraum „Display01“. In einer 6 Fotografien umfassenden Serie dokumentierte der Künstler den Prozess der Restaurierung der Großformatfotografie, die den Wasserstoffbombentest „Ivy Mike“ (im Chateau Clervaux zu sehen) zeigt. Die Restaurierung (vom Studio Berselli aus Mailand durchgeführt) erfolgte im Rahmen der kompletten Restaurierung der „Family of Man“-Exponate in den Jahren 2011 bis 2013.

Direkt im Anschluss folgte die nächste Ausstellungseröffnung mit dem Titel „The hand that toppels the tower“, jetzt im Pumpenhaus und in Anwesenheit der beiden Künstler Vanessa Brown und Mike Bourscheid. Hier begrüßte Kuratorin Daniela del Fabbro die Vernissagegäste. Dort wo üblicherweise das Café im Pumpenhaus beheimatet ist, waren jetzt Installationen der kanadischen Künstlerin Vanessa Brown ausgestellt. Die Arbeiten des Luxembourger Künstlers Mike Bourscheid verteilten sich auf verschiedene Ebenen im Wasserturm.

Vanessa Brown zeigte in ihrer als „>>>000 / Gravity“ betitelten Ausstellung eindrucksvolle Projektionen und Installationen, die das Konzept von (schwarzen) Löchern als symbolische Darstellungen menschlichen Verlangens, der Relativität der Zeit und unseres Daseins in der Galaxie erforschen.

Der die beiden künstlerischen Positionen von Brown und Bourscheid überfangende Titel „The hand that toppels the tower“ (Die Hand, die den Turm zum Einsturz bringt) sei in Anlehnung an den Filmtitel „The hand that rocks the cradle“ („Die Hand, die die Wiege schaukelt“) gewählt worden, erläuterte Kuratorin Daniela del Fabbro. Wie passend eine Reminiszenz an einen amerikanischen Psychotriller aus den 90er Jahren war, konnte dann im Erdgeschoss mit Bourscheids neuer Fotoserie „Mutual Feelings“ ergründet werden. Hier setzte er sich mit Dichotomien auseinander, die unsere Sicht auf die Welt strukturieren. Über die Objekt-Subjekt-Beziehung (unter einem anzunehmenden haarigen „Monster“ mit überlangen, lackierten Zehen- und Fingernägeln verbarg sich jeweils der Künstler selbst) spielte Bourscheid mit dem Gegensatz zwischen Mensch und Tier. (Fotos und Rahmen wurden übrigens beim saarländischen Monika-von-Boch-Preisträger Sven Erik Klein hergestellt).

Im Obergeschoss des Wasserturms zeigte Bourscheid eine Projektion seines neuen Films „Agnes“, in dem er selbst wieder verschiedene Rollen übernahm, die insbesondere Geschlechterrollen in humorvollen und grotesken Situationen vorstellten, wenn etwa Bourscheid als Cowboy gekleidet mit Hingabe Geschirr spülte – also wenig männliche Haushaltsaufgaben verrichtete. In allen vorgeführten Rollen und Situationen hat der Künstler eine bunte Clownsnase aufgemalt, nimmt sich selbst und die tradierten Rollenbilder nicht so wichtig. Bei seinen einführenden Worten zur Ausstellung erklärte der Künstler, dass er diese Ausstellung seiner Mutter (die ihn alleine großgezogen habe) widme.

Nach einer Stärkung mit Kaltgetränken und Fingerfood nach den Vernissagen, fuhren wir anschließend weiter nach Clervaux.

Hier besuchten wir die Dauerausstellung „The Family of Man“. Direktorin Anke Reitz begleitete uns und erläuterte sowohl die Sammlung als auch Details zum Zustandekommen der Präsentation.Die faszinierende Sammlung, die insgesamt 503 Aufnahmen von 273 Fotografen aus 68 Ländern umfasst und von Edward Steichen für das Museum of Modern Art in New York (MoMA) zusammengetragen wurde, ist seit 1994 im Schloss von Clervaux untergebracht und gehört seit 2003 zum Weltdokumentenerbe der UNESCO.

Diese erstmals 1955 präsentierte Ausstellung versteht sich als Manifest für den Frieden und die fundamentale Gleichheit der Menschen – ausgedrückt durch die humanistische Fotografie der Nachkriegszeit. Die Aufnahmen von Künstlern wie Robert Capa, Henri Cartier-Bresson, Dorothea Lange, Robert Doisneau, August Sander oder Ansel Adams wurden auf modernistische und spektakuläre Weise in Szene gesetzt.

Die Ausstellung, die in mehr als 150 Museen weltweit gezeigt wurde, ist hier im Schloss Clervaux in ihrer letzten vollständigen Version von The Family of Man zu sehen. Seit ihrer Schaffung hat die Ausstellung über 10 Millionen Besucher verzeichnet und gilt somit als Legende in der Geschichte der Fotografie.

Die Ausstellung wurde von Edward Steichen ursprünglich als eine Reihe von Momentaufnahmen und Emotionen konzipiert, die in Zeiten des Kalten Krieges eine Botschaft des Friedens vermitteln sollten. Obwohl das Werk den Kontext seiner Schaffung widerspiegelt, zeugen die Reaktionen der Besucher auch heute noch vom aktuellen Charakter der Aufnahmen, von denen einige sogar zu Ikonen der Fotogeschichte wurden.

Edward Steichen selbst hat The Family of Man zum wichtigsten Werk seiner Karriere erhoben. Diese Ausstellung war für ihre Zeit ungewöhnlich und visionär zugleich, in fotografischer und szenografischer Hinsicht: Die Aufnahmen wurden nach ihrer Ausdrucksstärke ausgewählt, während die Szenografie den Betrachter in ein fotografisches Essay taucht. The Family of Man fasst auf verblüffende Weise Steichens beruflichen Werdegang als Ausstellungskurator im MoMA zusammen.

Der ursprüngliche Parcours der Ausstellung sowie die Chronologie der Bilder wurden im Schloss Clervaux eingehalten und entsprechen der Originalinszenierung im MoMA, sodass die Besucher von heute die damalige Stimmung nachempfinden und die Aufnahmen gleichermaßen auf sich wirken lassen können.

Im Schloss begegnete uns im letzten Raum auch „Ivy Mike“ wieder, das Foto der Wasserstoffbombenexplosion, welches Gegenstand der Fotoserie von Jeff Weber gewesen war.

Zum Abschluss unseres Clervaux-Besuches erkundeten wir gemeinsam mit Anke Reitz noch drei fotografische Gärten der Cité de l’image, die rund um das Schloss zu entdecken waren.

Mit einem köstlichen Abendessen im wunderschönen Ambiente des Landhauses Spanier in Nonnweiler beschlossen wir unseren Tagesausflug.