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ZÜRICH - mit Winterthur und Basel

31. Mai bis 3. Juni 2022

 

Von der ersten Idee und Projektskizze bis hin zur Eröffnung sind 20 Jahre vergangen: Nun ist der Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich eröffnet und bildet zusammen mit den Bestandsbauten das größte Kunstmuseum der Schweiz. Der britische Architekt David Chipperfield, der in Deutschland vor allem für Museumsbauten wie etwa das Essener Folkwang Museum oder jüngst die James-Simon-Galerie (Berliner Museumsinsel) bekannt ist, hatte 2008 den Wettbewerb zur Errichtung des Erweiterungsbaus gewonnen. Sein Berliner Team realisierte den Erweiterungsbau in knapp fünf Jahren.

 

Dienstag, 31. Mai 2022: 25 Jahre Fondation Beyeler, Basel – Zürich

Am Morgen starteten wir mit einem Reisebus über Straßburg nach Basel/Riehen. Dort haben sich 1997 die Basler Galeristen Hildy und Ernst Beyeler inmitten eines weitläufigen Parkgeländes ein Museum für ihre private Kunstsammlung bauen lassen. Ihre Kunstgalerie in der Basler Bäumleingasse galt seit den 50er Jahren als eine der weltweit besten Adressen für Kunst der Klassischen Moderne. Parallel zu ihrer Geschäftstätigkeit baute sich das Paar eine private Kunstsammlung mit ausgesuchten Werken der von ihnen vertretenen Künstler auf, die sie 1982 in eine Stiftung überführten. Die 200 Bilder und Skulpturen umfassende Sammlung dokumentiert die ganz persönliche Sicht der Beyelers auf die klassische Moderne.

Neben Werken von Klee, Cézanne, Picasso, Rousseau, Mondrian, Matisse, Newman, Bacon, Dubuffet und Baselitz besitzt die Fondation Beyeler Objekte aus Afrika und Ozeanien, die in einen direkten Dialog mit den übrigen Kunstwerken gesetzt wurden. Als Architekt konnte Renzo Piano verpflichtet werden, der einen lichtdurchfluteten Kubus schuf, den er unspektakulär in das dörflich geprägte Riehen eingepasst hat. Im Laufe der Jahre hat sich die Fondation Beyeler mit ihren qualitätvollen Sonderausstellungen einen exzellenten Ruf erworben. Jetzt feiert die Fondation ihr 25-jähriges Bestehen.

Nach unserer Ankunft in Riehen machten wir zunächst eine Pause für einen Mittagsimbiss und sahen uns danach am frühen Nachmittag die Ausstellung „Passagen – Landschaft, Figur und Abstraktion“ an. Die Ausstellung beleuchtete das Wechselverhältnis von Figuration und Abstraktion in der modernen Kunst anhand von rund 70 bedeutenden Gemälden und Skulpturen des Impressionismus, der klassischen Moderne und der Gegenwartskunst. Aus Anlass des 90. Geburtstags von Gerhard Richter war ein Ausstellungsraum mit Sammlungswerken und Leihgaben dem umfassenden Schaffen dieses bedeutenden zeitgenössischen Künstlers gewidmet, das auf eindrucksvolle Weise das künstlerische Zusammenspiel von Figuration und Abstraktion zur Anschauung brachte. Ein eigener Raum war auch der amerikanischen Künstlerin Agnes Martin (1912–2004) und ihren charakteristischen, geometrisch-abstrakten Werken zugedacht, die von der Daros Collection als Leihgaben zur Verfügung gestellt wurden.

Nach dem Besuch der Fondation setzten wir unsere Reise fort und erreichten am frühen Abend unser Hotel in Zürich.

 

Mittwoch, 1. Juni 2022: Kunsthaus Zürich

Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Kunsthaus am Heimplatz. Es gehört zu den qualitätvollsten Museen der Schweiz und genießt weltweit einen exzellenten Ruf. Der Sammlungsbogen reicht vom Spätmittelalter bis zur klassischen Moderne. Von den knapp 4.000 Gemälden und Skulpturen sowie 95.000 grafischen Werken sind etwa 1.000 Exponate permanent ausgestellt. Höhepunkte bildeten nicht nur die größte Munch-Sammlung außerhalb Norwegens sowie die umfangreichste Werksammlung Alberto Giacomettis und zuletzt die Integration der Sammlung Emil Bührle, sondern auch herausragende Gemälde des Impressionismus und der klassischen Moderne – von Picasso, Monet und Chagall bis hin zu Beckmann, Kokoschka und Corinth.

Deutlich sichtbar wurde die lange Geschichte des Hauses auch an seiner Architektur: der Ursprungsbau von Karl Moser aus dem Jahr 1910 wurde immer wieder durch Anbauten erweitert. Der Entwurf für den Erweiterungsbau, der im letzten Jahr fertiggestellt wurde, stammt von dem Büro des britischen Architekten David Chipperfield. Das Konzept des Architekten sah ein klar gegliedertes Gebäude in streng geometrischen Linien vor, das den Raum am Heimplatz selbstbewusst einnimmt: ein lichtdurchfluteter Quader, der von drei Seiten aus zugänglich ist und eine starke Ausstrahlung und Anziehungskraft besitzt.

In Begleitung von Andreas Jahn erkundeten wir am Vormittag die Bestände des Altbaus und nach der Mittagspause setzten wir die Besichtigung im Chipperfield-Bau fort (Sammlung Bührle, Sammlung Merzbacher, Sammlung Looser). Vor allem die Schweizer Künstlerinnen und Künstler begeisterten, u.a. Urs Fischers Canapée mit dem Titel "Grundstein" sowie Pipilotti Rists "Pixelwald Turicum".

 

Donnerstag, 2. Juni 2022: Kunst Museum Winterthur (Oskar Reinhart)

Nach einem ausgiebigen Frühstück fuhren wir heute Vormittag nach Winterthur. Der Industrielle Oskar Reinhart (1885-1965) hat in seiner Villa „Am Römerholz” eine Gemäldesammlung mit einem bemerkenswerten Gespür für exzellente Qualität zusammengetragen. Französische Impressionisten bilden einen Schwerpunkt dieser Sammlung, die ansonsten keinem kunsthistorischen Ordnungsschema folgte. Reinharts Sammlung genießt Weltruf und ist die vielleicht schönste Privatsammlung der Schweiz.

Oskar Reinhart war der Spross einer Winterthurer Handelsdynastie. Von Kindesbeinen an hatte er engen Kontakt zu jungen Künstlern, die sein Vater mäzenatisch unterstützte. Er begann früh konsequent höchste Qualität zu sammeln; bisweilen mit einer geradezu bewundernswerten Ausdauer. Mit 39 Jahren konnte er sich aus dem Familienunternehmen zurückziehen, um sich ausschließlich seiner Kunstsammlung zu widmen. Der Genfer Architekt Maurice Turrettini hatte in den Jahren 1915-18 für einen Winterthurer Industriellen die Villa "Am Römerholz" errichtet. Die großbürgerliche Villa wurde 1924 von Oskar Reinhart erworben. Gleich nach dem Kauf beauftragte er Turrettini mit dem Anbau einer Gemäldegalerie, in der er seine Sammlung unterbringen konnte und der Öffentlichkeit zugänglich machte. In diesem Domizil lebte Reinhart, umgeben von den geliebten Werken, bis zu seinem Tod. Wir erkundeten sowohl die ständige Sammlung mit beeindruckenden Gemälden von Cézanne, Manet, Van Gogh, Picasso und Sisley sowie eine kleine Sonderpräsentation mit Werken von Lucas Cranach d.Ä.

Nach einer erfrischenden Pause auf der sonnigen Terrasse der Villa, kehrten wir nach Zürich zurück. Hier schloss sich eine kleine "Seerundfahrt" auf dem Zürichsee an, die wir bei schönem Wetter genossen.

 

Freitag, 3. Juni 2022: Architekturrundgang (Chagall- und Polke-Fenster)

Nach dem Frühstück begaben wir uns auf einen Stadtrundgang auf dem rechtsseitigen Ufer der Limmat. Zunächst spazierten wir zum Lindenhof, anschließend erwartete uns Andreas Jahn im gotischen Fraumünster und erläuterte uns die fünf Fenster von Marc Chagall, die Ende der 1960er Jahre entstanden sind. Nach einer gemütlichen Mittagspause setzten wir unsere Besichtigung im Großmünster fort, hier entdeckten wir 12 zauberhafte Fenster, die der Kölner Künstler Sigmar Polke 2009 dem Großmünster geschenkt hatte.

Ende einer an Kunst-Höhepunkten reichen Reise und Rückfahrt nach Saarbrücken und Homburg.

 

 

 

Kunsthaus Zürich
Urs Fischer, Grundstein